Links die deutsche Übersetzung, rechts das amerikanische Original

In Christopher Averys Buch „The Responsibility Process“, das 2016 erschienen ist (die deutsche Übersetzung in 2018 im dpunkt.verlag), ist die jahrzehntelange Erfahrung des Autors mit sich selbst, seinen Mitmenschen, mit Teams und Organisationen geflossen. Christopher weist zu Beginn darauf hin, dass es ihm bei diesem Buch darum ging, es möglichst zweckmäßig zu gestalten und zum Reflektieren anzuregen. Tami M. Cole, CEO von docstrats, lobt das Buch als game changer – dieser Einschätzung schließe ich mich gern an.

Was macht das Buch aus?

Das Buch lebt von den vielen Übungen und Reflexionen, die einem die Übertragung auf sich selbst ermöglichen. Außerdem lässt Christopher immer wieder persönliche Geschichten und Erfahrungen einfließen, die die Theorie greifbar machen. So kann das Buch ein Einstieg für das Selbststudium sein und ebenso als Nachschlagewerk für „Responsibility-Profis“ dienen, die darin immer wieder Inspiration finden.

Wer wird aus diesem Buch etwas für sich mitnehmen?

Der Responsibility Process ist menschlich. Somit dürfte dieses Buch für alle Menschen interessant sein, die sich für das menschliche Dasein und Miteinander interessieren. Besonders viel wird drinstecken für die, die bereit sind, sich mit sich selbst auseinanderzusetzen, und noch mehr für die, die etwas verändern wollen in ihrem Leben – privat und/oder beruflich. Ich höre durchaus von Menschen, denen das tatsächlich nur mit der Lektüre dieses Buches gelungen ist. Es melden sich aber auch immer mal wieder Menschen zu unserem Intensivkurs Responsibility an, die das Buch begeistert gelesen haben, die aber für ihre Integration ins Leben mehr Anleitung und Austausch haben möchten. So ist es mir auch ergangen in 2016 nach der Lektüre des amerikanischen Originals.

Wer in irgendeiner Form von Führungsrolle unterwegs ist, wird nach Lektüre des Buches besser verstehen, warum die eigene Wirkung ist wie sie ist und welche Optionen es zur Verbesserung der eigenen Leadership-Effektivität gibt.

Exkursion durchs Inhaltsverzeichnis

Um mir einen Eindruck zu einem Buch zu verschaffen, werfe ich gern einen Blick ins Inhaltsverzeichnis. Dabei erkennt man in diesem Fall schnell, dass das Buch eher kleinteilig ist: Alle 10 Kapitel sind in mehrere Abschnitte unterteilt, jeder Abschnitt ist ein bis drei Seiten lang. Mir gefällt das, weil es zum Nachschlagen einlädt und sich problemlos in kleineren Zeiteinheiten lesen lässt. (Das war auch beim Übersetzen angenehm.)

Gleichzeitig habe ich bei kurzen Kapiteln oft den Verdacht von Oberflächlichkeit, doch der bestätigt sich hier nicht. Das liegt einerseits daran, dass Christopher schnell zum Punkt kommt. Andererseits endet jeder Abschnitt mit einer Übung, sodass man direkt in die Anwendung starten kann – dafür wären ausführlichere Texte insbesondere für Menschen, die erst anfangen, sich mit ihrer Selbstführung zu beschäftigen, wahrscheinlich überfordernd. So findet sich in der Struktur eben Christophers Wunsch nach Zweckmäßigkeit wieder.

Im Folgenden findest du das Inhaltsverzeichnis – ergänzt um die für mich wichtigsten Inhalte aus dem jeweiligen Teil oder Kapitel.

Einführung

Eine der zentralsten Botschaften steht in der Einführung im Abschnitt Das erste Prinzip des Erfolgs:
„Beim Übernehmen von Verantwortung – jeden Tag zu 100% aus Verantwortung handeln – geht es darum, dass wir uns selbst nicht als richtig oder falsch bewerten, sondern uns als einen Akteur, Wählenden, Problemlöser und Lernenden in den komplexen Wechselwirkungen unseres Lebens sehen […]. Wenn wir dies tun, kommen wir in den Genuss, wirkungsvoller zu leben und zu führen.“

Teil I – Persönliche Verantwortung im Alltag

Teil 1 beschäftigt sich mit persönlicher Verantwortung im Alltag. Dazu werden ein paar historische Beispiele herangezogen, um das Verständnis von Verantwortung zu beleuchten. Dabei ist Kapitel 1 nichts für Menschen, die sofort im eigenen Leben mit der Umsetzung beginnen wollen, sondern eher für Menschen, denen eine Einbettung und Herleitung des Themas nützt, um es besser zu durchdringen. Ich gehöre zu letzterer Fraktion und hatte daher auch große Freude am Übersetzen dieses Teils. Wir hören aber auch immer wieder von Leserinnen und Lesern, die das Buch fast wieder zur Seite gelegt hätten, weil sie den Teil eher öde und überflüssig fanden. Mir gefallen die Ausführungen zu Selbstwirksamkeit und freiem Willen, aber man versteht den Rest des Buches auch, wenn man hier weiterblättert zu Kapitel 2.

Die Unterscheidung zwischen dem mentalen Zustand VERANTWORTUNG und Verantwortlichkeit im Sinne von Zuständigkeit ist nicht nur für meine Selbstführung nützlich. Besonders Führungskräfte schätzen diese differenzierte Betrachtung, weil sie Anregung liefert, sowohl mehr in die Klarheit von Aufgaben zu investieren als auch die Grenze dessen aufzuzeigen, was ich als Führungskraft bewirken kann: Ich kann Mitarbeitende nicht in den mentalen Zustand VERANTWORTUNG „pushen“. Dazu einladen kann ich aber sehr wohl.

Teil II – Drei Werkzeuge zum Verstehen und Üben von Verantwortung

Teil 2 stellt drei Werkzeuge zum Üben und Verstehen von Verantwortung vor, nämlich den Prozess an sich, die drei Schlüssel zu Verantwortung (ABSICHT, AUFMERKSAMKEIT, SICH STELLEN) und das »Mensch, erwisch dich früher«-Spiel. Dieser Teil des Buches ist für mich der Teil, den man gelesen haben muss (und vermutlich nicht nur einmal), wenn man eine effektivere Selbstführung für sich entdecken und leben will. Christopher liefert konkrete Beispiele und persönliche Geschichten, die den Teil ebenso informativ wie unterhaltsam machen. Und natürlich erkennt man sich selbst darin wieder. 

Einen Aspekt aus Kapitel 5 habe ich beim ersten Lesen noch gar nicht als so lebensverändernd wahrgenommen, aber inzwischen ist es für mich einer der größten Hebel zu mehr Wirkung und Leichtigkeit im Leben: Mir selbst zu vergeben, dass ich ein Mensch bin, dem nicht immer alles sofort gelingt, hat mir zu nützlicher Gelassenheit verholfen. Selbstverurteilung in Selbstmitgefühl umzuwandeln ist erstaunlich befreiend und bereichernd.

Außerdem bemerkenswert: Das »Mensch, erwische dich früher«-Spiel ist nicht nur geeignet, um sich in mentalen Zuständen unterhalb der Linie von VERANTWORTUNG zu erwischen, sondern für jede Art der Verhaltensänderung. Christopher beschreibt, dass er damit zum Nichtraucher geworden ist und viele weitere „schlechte“ Angewohnheiten transformieren konnte. Hinter Die Tageswertung verbirgt sich eine Spezialvariante des Spiels für Menschen, die gern „Gamification“ nutzen. Eine Vorlage dazu findest du hier in unserem Download-Bereich.

Teil III – Verantwortung üben und meistern

Teil 3 bietet Vertiefungen zu Teil 2 in vier unterschiedliche Richtungen, die sich in den Kapiteln 6 bis 9 wiederfinden: Zunächst liest man etwas zum Üben und Meistern von Verantwortung für sich selbst. Ein Schwerpunkt liegt dabei auf dem 1. Schlüssel zu Verantwortung ABSICHT, und ich verstehe jetzt im Rückblick auf sechs Jahre Auseinandersetzung mit dem Verantwortungsprozess in mir noch besser, warum das so ist: Die eigenen ABSICHTEN zu kennen, zu verfolgen und sie sich zu erfüllen, ist wirklich kraftvoll und hat mir zu einer ungeahnten Leichtigkeit verholfen. Wenn ein Problem in meinem Leben auftaucht, finde ich sehr schnell eine konstruktive Wendung, wodurch ich so viel weniger Zeit mit wenig konstruktiven Gedanken und Taten (jammern, lamentieren, hadern, zögern, grübeln) verbringe. Sich selbst zuerst zu führen, ergibt Sinn und erzielt Wirkung.

Die meisten Menschen wollen auch gemeinsam mit anderen Verantwortung leben, wenn sie die Vorteile für sich selbst erstmal gespürt hat. Kapitel 7 beschäftigt sich mit der Peer-Perspektive und liefert spannende Ansatzpunkte, wie ich für gemeinsame Verantwortung sorgen kann. Eine Erkenntnis aus diesem Kapitel war für mich besonders nützlich: Früher habe ich häufiger zynische oder sarkastische Kommentare gemacht und habe mir wenig dabei gedacht; erzeugten sie doch ein Lachen, oft ja auch ein Zusammengehörigkeitsgefühl, wenn man sich gemeinsam abfällig über andere Menschen oder Organisationen äußert. Mir hat die Klarheit geholfen, dass Zynismus und Sarkasmus nicht aus dem mentalen Zustand VERANTWORTUNG möglich sind. Das heißt, sie sind ein nützliches Signal, das wir nutzen können, wenn wir eigentlich lieber einen konstruktiven Umgang mit Problemen wählen wollen.

In Kapitel 8 geht es um das Fördern von Verantwortung in anderen, es gibt also Ideen für die Perspektive von Mentoren, Lehrerinnen, Coaches, Trainerinnen, Müttern und Vätern oder Führungskräften. Dabei bieten die vier Quadranten zu lebenslanger Mastery (Studieren, Vorleben, Bitten, Lehren) immer wieder eine Quelle für Ideen, wie ich Verantwortung so leben kann, dass andere mitmachen wollen. Dass das Anbieten von Optionen mehr Wirkung hat als das Erteilen von Ratschlägen, ist für mich eine wertvolle Erkenntnis gewesen.

Kapitel 9 spannt den Bogen des Übens und Meisterns von Verantwortung dann noch ein bisschen weiter: Wie schaffe ich es als Unternehmensleitung, einen Rahmen zu schaffen, der Verantwortung einlädt und aufrecht erhält? Dabei finde ich die Verknüpfung von Verantwortung und Verantwortlichkeit für jede Form der Führung hilfreich: Es startet mit der Selbstreflexion, ob ich selbst gerade aus dem mentalen Zustand VERANTWORTUNG heraus handle. Denn wie kann ich eine lernende und an Wachstum interessierte Organisation erwarten, wenn ich selbst in BESCHULDIGEN, RECHTFERTIGEN, SCHÄMEN, AUFGEBEN oder VERPFLICHTUNG hängenbleibe? Und eben deshalb landen wir wieder bei „Führe dich selbst zuerst!“.

Abschluss

Christopher setzt mit Kapitel 10 den Schlusspunkt, indem er eine Reihe an Prinzipien an die Hand gibt, die dem Weg zur Meisterschaft dienen. Dabei betont er einerseits, wie entscheidend die Inbesitznahme von Problemen ist, und andererseits ermutigt er die Leserschaft, sich auf die Reise zu machen, weil es sich lohnt und weil es jeder Mensch verdient hat, wirkungsvoller zu leben und zu führen.

Wenn du Fragen zum Buch oder rund um The Responsibility Process® hast oder besser verstehen willst, wie du davon profitieren kannst, melde dich gern bei uns!

Und über diesen Link kannst du das Buch auf Deutsch direkt beim d.punkt-Verlag bestellen. Die Print- und die Digital-Ausgabe kosten jeweils 24,90 Euro. Das Bundle (digital+print) bietet der Verlag für 29,90 Euro an.


Führe dich selbst zuerst!

Nadine und Henning Wolf, selbstführen W2 GmbH
Telefon: +49 4152 934 90 85, kontakt@selbstfuehren.de
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